Eine Zwangsehe
Hinzert bildet seit 1969 mit Pölert eine
Gemeinde. Neu ist diese kommunalpolitische Konstellation nicht,
wenn auch die Bürger bei einer Abstimmung am 1.
September 1968 fast geschlossen gegen diese Ehe waren.
Ursprünglich waren beide Orte selbstständige
Gemeinden, denn 1462 fand in Hinzert ein Jahrgeding statt;
der Ort hatte also einen eigenen Zender.
Doch etwa um 1500 rückten die beiden Orte
verwaltungsmäßig näher zusammen,
sie hatten einen gemeinsamen Zender.
Im "Elfzenderweistum" von 1546 ist nur der
Zender Even Hans aus Pölert genannt. Interessant ist auch,
dass in den Jahren von 1542 bis 1702 die
Familien, Feuerstellen, Haushaltungen, Häuser
oder Ehen für Pölert und Hinzert gemeinsam
angegeben sind.
Diese Tatsache lässt darauf schließen, dass
beide Orte über einige Jahrhunderte eine Gemeinde bildeten.
Es mag wohl bei diesem Zusammenschluss die
Größe der Orte und die enge Nachbarschaft eine Rolle gespielt haben.
Aber der Gemeindebann blieb getrennt. Wie lange
jedoch diese Verwaltungsehe gedauert hat,
ist nicht bekannt, jedenfalls wurde sie 1969
nach Jahren der Trennung wieder neu geschlossen.
Die enge Nachbarschaft der beiden Dörfer führte
gelegentlich zu Streitereien um die Besitzverhältnisse.
So gab es im Jahre 1548 erhebliche Unklarheiten
um die wichtige Viehweide.
Es kam zu folgendem Urteil: "Beide Dörfer sind
eine Gemeinde, haben einen Zender, einen Hirten und eine Viehherde,
sind aber im Wiesenland ganz voneinander
getrennt und waren lange Zeit ohne Streit.
Jede Gemeinde solle auf ihrer Trift weiden lassen.
Wer sich nicht daran hält, zahlt 50 Goldgulden,
wovon der Kurfürst zwei Drittel
und die sich an den Vertrag haltende Partei ein
Drittel erhält.
Die beiden Dorfschaften versprechen, sich daran
zu halten.
Es unterzeichnen von Hinzert Hans Martin, Peter Glas von Pölert, Thebalts
Peter und Hirden Ludwig."
Ortsteil Pölert
1220 erscheint
Polroth zusammen mit Hinzert im erzbischöflichen Urbar.
1267 wird der Ort
als Poeroth und 1327 als Poilrait genannt.
Der direkte
Hinweis auf den Rodungsort verlor sich im Ortsnamen (1542 Polert).
Mit den
erzbischöflichen Gütern wurden Angehörige der Trierer Ministerialenfamilien
de Ponte und de
Palatio belehnt, die 1267 als Grundbesitzer bezeugt sind.
Im Feuerbuch von
1563 hatte ein Junker Breitscheid auf der Hungerburg
das Lehen und die
Grundherrschaft im Dorfe. 1589 war Alexander von Hausen Grundherr.
Die
Amtsbeschreibung von 1789 nennt keinen anderen Inhaber der Grundherrschaft,
da der Kurfürst
die Grundherrschaft zwischenzeitlich zurückerworben hatte.
Dies soll unter
Kurfürst Lothar von Metternich (1599-1623) geschehen sein.
Polert gehörte pfarrlich zu Rascheid, als dessen Filiale Polert in den
Visitationsberichten
seit 1582 genannt wird.
Über die
Ortsentwicklung ist wenig Überliefert. Eine 1707 erbaute Kapelle brannte
1750 ab
und wurde durch
einen Neubau ersetzt, der der heutigen Kapelle wich.
Eine neue Schule
wurde 1937/38 in den zeittypischen Formen des Heimatstiles
mit
ortsüblichem Schiefergestein erbaut. Ende Dezember 1944 wurden bei einem
Fliegerangriff
einige Häuser zerstört und andere schwer
beschädigt.
Über einen
Kilometer südlich der Ortslage und bereits auf Reinsfelder Gemarkung
erhielt Polert
einen kleinen Stationsanschluss an die 1903 eröffnete Hunsrückbahn.
Hier entwickelte
sich im kleinen Umfang eine Ansiedlung mit Gasthaus und Handwerksbetrieben.
Polert entwickelte sich entlang der Kante der gegen Hinzert abfallenden
Hochfläche.
Mit Erreichen der
Hochfläche biegt die K 96 nach Süden um (Bahnhofstrasse)
und verbindet sich
mit den Hauptverkehrswegen. Der historische Ortskern liegt an der
Straßenbiegung.
Ein nach Norden
gerichteter Straßenarm (Blasiusstraße) und eine Ortsstraße (Brunnenstraße)
bilden
mit der
Kreisstraße eine Kreuzung aus. Im Winkel des Straßenbogens der Kreisstraße
und im Blickpunkt
der Kreuzung steht
die Filialkirche. Entlang der Blasiusstraße und jünger entlang der
Bahnhofstraße
entstand jeweils eine ausgeprägte Trierer Zeile. Diese hebt sich als
inselartig eingelagertes Rückgrat
von
der beidseitigen lockeren Bebauung ab.
Zwischen
Bahnhofstraße und Brunnenstraße wurden quer zur Mittelzeile einzelne
Quereinhäuser angefügt,
womit kleine
platzartige Situationen entstanden. Sie bilden eine ortsbauliche
Besonderheit.
Die lang
gestreckten Trierer Zeilen weisen umfangreiche Veränderungen an den
einzelnen,
aus dem 19. Jh.
stammenden Quereinhäusern auf. Die im Winkel dazu angefügten jüngeren
Quereinhäuser
vermitteln ein
gutes Bild der Dekorationsformen am Quereinhaus zwischen dem 19. und frühen
20. Jh.
Beispiele dafür
sind Brunnenstraße 10 (1920er Jahre) und 12 (1863 bezeichnet).
Der Ort erweiterte
sich insbesondere entlang der Bahnhofstraße und der Blasiusstraße.
Die lockere
Bebauung der Blasiusstraße geht in Siedlungshäuser über und führt zum
Friedhof.
Typisch für den
Hochwald sind die in der Gemarkung verteilten Holzkreuze.
Ortsteil
Pölert: Spritzenhaus, Dorfbrunnen und Filialkirche
An der
Straßenkreuzung entstand der dörfliche Kernbereich der neben den gemeindlichen
Einrichtungen
auch
individuelle bauliche Strukturen der Ortsentwicklung überliefert.
Abgesehen von der Filialkirche befindet sich in der Nähe der Dorfbrunnen mit
Waschplatz
(s.
Brunnenstraße o. Nr.) und das Ende des 19. Jh. am damaligen Ortsrand erbaute
Spritzenhaus.
Mit
einem Teil der Trierer Zeile, einem quer dazu angebauten Quereinhaus
und
einem freistehenden Quereinhaus werden ausschnitthaft die baulichen
Hauptentwicklungslinien
des
Ortes belegt. Dieser Bereich ist als kennzeichnendes Straßenbild bewertet.
Das Quereinhaus Bahnhofstraße l wurde um die Mitte des 19. Jh. quer zur
Hauptzeile angebaut
und im
frühen 20. Jh. in Abhängigkeit zur Nr. 6 erweitert und umgebaut. Die von den
Hofräumen
gebildete platzartige Situation hat insbesondere im Zusammenhang mit der
Kirche Bedeutung.
An der
Kreuzung hat die für Pölert charakteristische Hauptzeile Anteil.
Das
Zeilenhaupt ist ein Quereinhaus des frühen 19. Jh. mit älterem Ursprung.
Trotz
baulicher Eingriffe und Umnutzung ist das renovierungswürdige stattliche
Anwesen
samt
Torfahrt und erhaltenem Wohnteil ablesbar. Typische Details sind erhalten
(zwei
klassizistische Türblätter, standardisierte Lüftungsöffnungen in Herz- und
Ovalform).